Wir schenken uns heuer nichts

von Michael

älteres Ehepaar am Frühstückstisch, Teil 1

Sie: I tät sagn, mia schengan uns heia nix zu Weihnachten.

Er: Wieso jetzt des?

Sie: Ja, woaßt, wega Energiekrise, Inflation und so …

Er: Nacha halt nur was kloans, weil schenga gheart dazu, Spatzl.

Sie: Stimmt scho, aber heier mach ma bitte a mal Pause mit’m Schenga.

Er: Aber es muaß scho was unterm Baam a liegen, weil sonst is des koa Fest net.

Sie: Na machst hoit den Baam bsonders schee heier.

Er: Der is oiwei schee.

Slie: Freili is er des und i leg mein Platzlteller drunter.

Er: Platzerl ghearn auf n Tisch und ned untern Baam.

Sie: A geh, nur symbolisch, vastehst.

Er: Symbolisch hast du mia vor zwoa Monat gsagt, was du dir z’Weihnachten wünschen daadst.

Sie: Ja, des woaßt du no?

Er: Freili woaß i des no, was glabst’n du!

Sie: Mai, liab! Hast des net vagessn, gibt’s des a!

Er: Siagst ja, dass des gibt.

Sie: Hast es am End scho kaaft?

Er: Na, nu ned. I wart bis billiga wird.

(c) Michael Fromholzer 2022

Das Lebkuchenmännchen

von Viktoria

Tina holte den gekühlten Lebkuchenteig aus dem Kühlschrank. Diesen hatte sie bereits gestern Abend schon vorbereitet.

„Bin schon da. Was soll ich tun?“, fragte Laura.

„Du kannst mir beim Ausstechen der Lebkuchenmänner helfen. Formen sind ja genug da.“

Und so füllte sich ein Blech nach dem anderen.

„Während die Plätzchen nun auskühlen, bevor wir sie verzieren können, lass uns noch Walnusstaler backen.“ meinte Tina.

„Das macht richtig Spaß. Freue mich schon auf meine Lieblingsplätzchen“, sagte Laura.

In der Küche duftete es schon richtig weihnachtlich nach Zimt, Lebkuchengewürz und frisch gebackenen Plätzchen. Tina knetete den Teig für die Walnusstaler und Laura suchte schon mal die passenden Förmchen für die Plätzchen.

Auf dem ersten Blech waren die Lebkuchenmänner bereits abgekühlt. Rechts außen lag ein besonders schöner Lebkuchenmann. Er schlug seine Augen auf und wurde lebendig.

„Oh, ist mir langweilig“, stellte er fest. „Mal sehen, ob ich irgendetwas Schönes entdecken kann“, fügte er hinzu.

Er stand vorsichtig auf, um seine kleinen Teigbeine zu testen. Er hatte einen sicheren Stand. Nun versuchte er einen Fuß vor den andern zu setzen.

„Oh, ich kann ja richtig gut laufen“, meinte er.

Er sprang auf und hüpfte vom Blech in die Küchenecke.

Seine Entdeckungstour ging weiter.

Plötzlich öffnete sich die Eingangstüre. Tom kam vom Squash nach Hause. Gerade in dem Moment war der Lebkuchenmann an der Türe und hüpfte ins Treppenhaus.

Mit einem kleinen Klack schloss Tom die Tür von innen.

Im Treppenhaus war es dunkel. Dann ging das Licht an. Der Paketbote lief die Treppe hoch und klingelte beim Nachbarn.

Lucia öffnete die Tür.

„Oh, wie das gut nach Weihnachtsplätzchen duftet“, stellte der Lebkuchenmann fest und lief schnell durch den offenen Türspalt in die Nachbarwohnung.

Lucia war auch gerade beim Plätzchen backen, weil sie nächstes Wochenende ihre Eltern in Italien besuchte. Ihre Heimat ist die wunderschöne Stadt Bozen.

Sie hatte Orangenplätzchen und Nussmakronen gebacken. Gerade verzierte sie ihre Lebkuchenfrauen. Sie hasste Lebkuchenmänner, also gab es jedes Jahr nur Lebkuchenfrauen.

Dem einsamen Lebkuchenmann freute das sehr. Er hatte eine große Auswahl an schönen Plätzchen.

Zuerst knabberte er an einem Orangenplätzchen und dann suchte er sich eine wunderschöne Lebkuchenfrau aus. Links unten auf dem Blech wurde er fündig.

„Ja, genau diese passt zu mir. Er legte sich zu ihr auf das Blech.“ Beide schauten sich zuerst nur kurz an, aber dann sprang der Funke über.

Sie lächelten sich beide an und der Lebkuchenmann teilte das Orangenplätzchen mit ihr.

Dann forderte er sie zum Tanzen auf. Beide lagen sich in den Armen und wippten mit den Hüften hin und her.

„Wie schön doch so ein kleines Tänzchen sein kann“, sagte die Lebkuchenfrau.

„Du bist aber auch eine gute Tänzerin“, antwortete der Lebkuchenmann.

Richtig außer Atem mussten sich beide kurz ausruhen und legten sich wieder aufs Backblech.

Lucia bemerkte den unverzierten Lebkuchenmann. Sie wunderte sich.

„Wo kommst du denn her?“, fragte sie sich. „Aber so kannst du nicht bleiben. Ich verziere dich auch noch etwas, damit du zu den anderen Lebkuchenfrauen passt.“

Als sie damit fertig war, stellte sie fest: „Du bist nun mein Lebkuchenmännchen.“

(C) Viktoria Sonnblum 2022

Das Jahr

von Claudia

Es sind die Blumen, wenn der Duft sich verteilt,
ein Frühling, der den Augen gefällt.
Die Farben erblühen in Knospen und Blatt gut,
wie schön doch die warme Luft, mit der Leichtigkeit.

Es sind die Hitzeperioden, die vollenden lassen,
Kinderherzen spielen, Fahrradfahren, baden gehen.
Das satte Hell im Sommer ist Glanz und Schönheit,
lachend, froh in dem Sonnenlicht des Wachstums.

Es sind die bunten Farben, Blatt für Blatt, das Laub,
noch im goldenen Herbst, Getreide ernten.
Im Nebel lebend. Kastanienbäume. Raschelblätter.
Kürzer schon die Tage, Tee trinkend im Gummistiefel.

Es sind die Schneeflocken, in weißer Pracht,
der Schlitten, der Schneemann und die Schneeballschlacht.
Dunkelheit, Matsch und Frost, der Winter hat kalte Füße,
Schnupfen, Christkind, Skifahren, Minus-Kälte, vorbei das Jahr.

© 10/2022 Claudia Semmler

Auf dem Weihnachtsmarkt

von Ute

Florian, der junge Student verbrachte seine Semesterferien vor Weihnachten in seiner Heimatstadt Bochum. Um seinen chinesischen Studienfreund in Xian zu besuchen, musste er Geld verdienen und zur Seite legen. Vielleicht konnte er einen Job als himmlische Friedenstaube, Rentier oder Weihnachtsmann ergattern. Er wusste noch nicht genau, wie er das anstellen sollte.

Jetzt schlenderte er über den Dr. Ruer-Platz, ein grauer, gepflasterter Platz, umgeben vom mehrstöckigem Häusern. In einem davon befand sich das große Wagner und Raschke – Spielzeugparadies, das Florian schon als Kind geliebt hatte. Ganz in Gedanken versunken stand er vor dem Playmobil Fenster mit dem überdimensionalen Adventskalender, als er ein Schild entdeckte: Weihnachtmann für unseren Schlitten auf dem Drahtseil gesucht! Bitte in unserer Personalabteilung melden.

Das anschließende Gespräch mit dem Mitarbeiter aus dem Spielzeugparadies verlief für Florian enttäuschend. Die Fahrt mit dem Schlitten und den Plastikrentieren war eine artistische Herausforderung in 60 m Höhe quer über den Platz, für die die Werbegemeinschaft einen professionellen Artisten suchte, Seiltänzer, Trapezkünstler u.ä.

„Keine Action, kein Abenteuer, keine Knete!“, seufzte der Student enttäuscht.

„Halt!“, sagte der Personaler. „Ich habe vielleicht doch noch etwas für dich. Du gehst zusammen mit einem hübschen Christkind über den Weihnachtsmarkt und ihr verteilt Präsente entsprechend den Nummern auf den Glückslosen: hellblaue Präsente an die Jungs, rosa Präsente an die Mädels!“ Da Arbeitszeit und Bezahlung stimmten, willigte Florian in das Angebot ein.

Florian traf das Christkindl am Kinderkarussell.

Sofort war er hingerissen von dem Anblick der jungen Frau: Auf die Schulter herabfallende blonde Locken rahmten ein fast makelloses Gesichtchen ein, in dem zwei Kornblumen blaue Augen ihn anleuchteten.

“Hi. ich bin der Weihnachtsmann, ich bin dein alter Ego, wir gehen zusammen auf Tour“, versuchte Florian einen Scherz zu machen.

„Äh, Alter, bist ganz gewiss nicht mein Ego, wir sind nur Business-Partner“, antwortete sie schnippisch.

„Eine Zicke, auch das noch! Abwarten! Wenn ich erst einmal meinen Charme spielen lasse, dann wird alles anders“, dachte der Student.

„Hast du Erfahrung im Marketing?“, fragte er und wollte dabei wie ein Profi klingen.

„Im Selbstmarketing schon, ich habe bei GNTM teilgenommen und wurde dann unter 5000 Einsendungen zum Nürnberger Christkindl des Jahres gewählt. Dieses Weihnachtsfest will ich mit meiner Modell Karriere loslegen.“

Sie könnte zum Gesicht für sein Start-up werden, überlegte Florian. Aber vorher hatten sie beide noch einen anderen Job zu erledigen. Und zwar gemeinsam! Florian fragte seine Kollegin nach ihrem Namen, denn er wollte sie nicht Christkindl nennen.

„Sag einfach Chrissy zu mir, mehr musst du nicht kennen.

Als es dunkel wurde, umrundeten sie den Weihnachtsmarkt.

Die kleinen Jungen mit ihren hellblauen Gewinnerzahlen kamen auf Florian zu. Er freute sich jedes Mal riesig mit ihnen über die kleinen Spielzeug-Gewinne und plauderte mit ihnen über Lego, Transformer und Playmobil Neuigkeiten. Dabei zauberte er ihnen ein Lächeln ins Gesicht, wie es sich für einen falschen Weihnachtsmann gehörte.

Ganz anders verhielt sich Chrissy. Kam ein kleines Mädchen mit einem rosa Gewinnerlos zu ihr, dann griff das gewählte Christkind in seinen Korb nach dem passenden Spielzeug und gab es dem Kind mit den Worten: Da hast’ es! Und sie ging einfach weiter. Die sprachlosen Mädchen starrten ihr hinterher, weil sie sich das Christkind wie einen netten Engel vorgestellt hatten.

Florian schüttelte den Kopf, so konnte es nicht weitergehen. Mit diesen erbärmlichen Auftritten wären sie ihren Job schon am ersten Abend los.

„Chrissy, du siehst wirklich süß und unschuldig aus wie ein Engel, aber du musst dich den kleinen Mädchen gegenüber auch so verhalten, als kämst du direkt aus dem Himmel!“

„Das ist doch alles nur Weihnachtskitsch, daran glaube ich nicht“, antwortete sie mürrisch. „Du vielleicht nicht, aber die kleinen Kinder. Mach ihnen ihre Träume nicht kaputt. Außerdem ist dein abweisendes Verhalten schädlich fürs Geschäft. Ein Spion von Wagner und Raschke ist auf dem Weihnachtsmarkt unterwegs und beobachtet uns.“

Chrissy zuckte erschrocken zusammen.

„Das habe ich nicht gewusst, ich gebe mir jetzt Mühe. Du machst das wirklich super, wie du mit den Kindern umgehst.“

Bei den nächsten Runden über den Weihnachtsmarkt gaben Weihnachtsmann und Christkind alles, um Kinderherzen höher schlagen zu lassen. Auch Chrissy bemerkte erstaunt, dass es ihr sogar Spaß machte, über Baby Born und Barbie zu plaudern. Da konnte sie mit ihren eigenen Erfahrungen bei den jungen Puppenmüttern punkten. Schönheitsartikel wie Glitzer und Haarspangen waren auch dankbare Themen, damit hatte sie als Model reichlich Erfahrung.

Florian blickte zum Himmel und dann auf das über den Platz gespannte Seil. Gerade wollte sein Kollege im Weihnachtsmannkostüm von Dach der Sparkasse in den Schlitten klettern, um über das Seil zu gleiten, als es knallte und zischte und alle Lichter ausgingen. Die Weihnachtssterne, die Girlanden, die Schaufenster, die Verkaufsbuden – alles lag in Dunkelheit.

„Blackout auf dem Weihnachtsmarkt! Danke Herrgott!“, dachte Florian und nutzte den Augenblick. Er küsste das Christkind an seiner Seite. Chrissy war so überrascht, dass sie ihn gewähren ließ. Außerdem fand sie ihn längst lieb und süß.

„Was kommt als Nächstes?“, fragte sie amüsiert.

„Ich lade dich in mein Kinderzimmer ein und wir entwickeln gemeinsam eine Weihnachtsapp“, schlug Florian vor.

„Super, es soll eine Dating-App für den Weihnachtsmarkt werden: Begegne deinem Weihnachtsmann oder deinem Christkind!“, rief Chrissy begeistert.

„Und du bist das Werbegesicht!“

„Und du auch.“ Chrissy lachte. Arm in Arm verließen Weihnachtsmann und Christkind den Markt, obwohl die Lichter längst wieder leuchteten und der Kollege auf dem Seil in rasanter Fahrt hoch oben über den Platz glitt.

(c) Ute Taube 2022